EU-Sanktionen gegen Kosovo sind absurd

Aufgrund von Unruhen in der Region Mitrovica (Teil des Kosovo) nach den von den Serben boykottierten Wahlen soll nun die Republik Kosovo mit Sanktionen belegt werden. Eine absurde Idee, meint Rainhard Kloucek, Generalsekretär der Paneuropabewegung Österreich.

Die EU will also Sanktionen gegen den Kosovo verhängen. Hintergrund sind die Unruhen (mit angeschossenen KFOR-Soldaten) nach den Lokalwahlen in der zum Kosovo gehörenden Region Mitrovica. Die dort lebenden Serben haben auf Befehl aus Belgrad die Wahlen boykottiert, womit in einer mehrheitlich von Serben bewohnten Region nur Kosovaren in die Bürgermeisterämter gewählt wurden. Dem Vernehmen nach habe es vor den Wahlen eine Vereinbarung mit dem Kosovo gegeben, die Wahlen zu verschieben, um die Serben noch zur Teilnahme bewegen zu können. Faktum ist, dass die Wahlen bereits einmal verschoben wurden, nämlich von Herbst 2022 auf April 2023.

Danach wollte Ministerpräsident Albin Kurti die Bürgermeister in den Rathäusern installieren, was zu Aufständen der Serben geführt hat. Wie immer bei solchen gewaltsamen Protesten hatte auch diesmal der „Sicherheitsapparat“ Belgrads seine Finger im Spiel.

Nun will also die EU deswegen Sanktionen gegen den Kosovo verhängen. Gewiss, Albin Kurti hat den Ruf ein Nationalist zu sein, keine Kompromisse eingehen zu wollen, auf stur zu schalten. Die Stinkbombenangriffe seiner Partei auf das Parlament in Pristina haben seinen Ruf auch nicht verbessert. Aber all das ist keine Rechtfertigung für Sanktionen.

Die Wahlen waren vereinbart. Es war anerkannt, dass die Wahlen fair gelaufen sind und damit auch die Ergebnisse legitim sind. Hätten die Serben teilgenommen, gäbe es jetzt serbische Bürgermeister in mehreren Gemeinden. Die Serben aber haben boykottiert, weil sie auf Befehl aus Belgrad jegliche Stabilität des Staates Kosovo stören wollen.

Kurz nach den Unruhen wurden von der serbischen Polizei auf kosovarischem Gebiet drei Polizisten des Kosovo festgenommen und nach Serbien verschleppt. Auch wenn sie Gott sei Dank wieder frei sind, kann eine solche Aktion nur als Provokation durch Serbien gewertet werden. Vucic, ein einstiger Gefolgsmann des Kriegsverbrechers Slobodan Milosevic, ist bekannt für seine gebrochenen Versprechen dem Kosovo und auch der EU und den USA gegenüber.

Weil die EU ihn bei der Frage von Sanktionen gegen den Terrorstaat Russland auf ihre Seite ziehen will, lässt sie Vucic vieles durchgehen. Es scheint, als habe man in Brüssel (und vielen Hauptstädten der EU) aus den Kriegen des Slobodan Milosevic genauso wenig gelernt wie aus den russischen Spielchen mit dem Minsker Abkommen. Vucic weiß diese Schwäche der EU-Politik auszunutzen und zündelt immer wieder mit dem Feuer, indem er unter anderem die Armee in Alarmbereitschaft gegen den Kosovo versetzt. Das einzige was er versteht ist Druck. Harter politischer und wirtschaftlicher Druck. Sollte er selbst dem nicht nachgeben und Serbien noch weiter als Brückenkopf für Moskau ausbauen (in Nis steht seit Jahren die größte Spionageeinrichtung Russlands, getarnt als humanitäres Zentrum), ließe sich Serbien isolieren. Davor könnte ihn auch Viktor Orban nicht retten.

Das Glaubwürdigkeitsproblem der EU

Allerdings hat die EU ein massives Glaubwürdigkeitsproblem in der Causa. Und das Problem ist seit Anfang Juli noch größer, weil mit Spanien ein Land den Vorsitz im Rat übernommen hat, das die Unabhängigkeit des Kosovo nicht anerkennt. Aus fadenscheinigen Gründen. Aber wie Spanien-Kenner berichten, würde ein Großteil der spanischen Politiker die Republik Kosovo nicht einmal auf der Landkarte finden. Der Hohe Vertreter für die EU-Außen- und Sicherheitspolitik Josep Borrell ist Spanier. Der Sonderbeauftragte der Europäischen Union für den Dialog zwischen Belgrad und Pristina Miroslav Lajcak kommt aus der Slowakei. Ein Land, das die Republik Kosovo auch nicht anerkannt hat (aber Gott sei Dank weniger problematisch ist als Spanien). Der Erweiterungskommissar Oliver Varhelyi wiederum ist Ungar. Er kommt aus dem Stall von Viktor Orban, dessen Sympathie für das System des serbischen Nationalisten Vucic kein Geheimnis ist.

Nun könnte dieses EU-Personalproblem durch eine entsprechende politische Strategie der anderen EU-Länder komplett entschärft werden. Warum man hier Schwäche zeigt und lieber auf die Kosovaren hinhaut bleibt rätselhaft. Denn Appeasement – soviel Geschichte muss jeder Politiker kennen – führt niemals zu politischer Stabilität.

c Beitragsbild: Europäische Union 2023 Günter Schiffmann: Albin Kurt (links) mit Josep Borrell