Präsidentenwahl in Georgien

In Georgien fand die erste Runde der Präsidentenwahl statt. Walburga Habsburg Douglas, die als Wahlbeobachterin vor Ort war, über die Eindrücke von der Wahl und dem Wahlergebnis.

In Georgien wurde die erste Runde der Präsidentenwahl gehalten. Bei einer allgemeinen Wahl wird der Präsident für sechs Jahre gewählt. Das interessante ist, dass das so das letzte Mal sein wird, da durch eine Verfassungsänderung vorgesehen ist, dass bereits der nächste Präsident durch Wahlmänner auserkoren wird. Es standen über vierzig Kandidaten zur Wahl, wobei drei sich als Hauptkandidaten herauskristallisiert hatten:

David Bakradze, der ehemalige Parlamentspräsident und nunmehr Vorsitzende der Partei „Europäisches Georgien“, einer Gruppierung, die sich aus der größten Oppositionspartei „Vereinigte Nationale Bewegung (UNM)“, gegründet durch Mihail Saakaschwili, abgespalten hatte.

Salome Zurabishvili, die Ihre Karriere in Georgien als französische Botschafterin in Tblisi (Tiflis) begonnen hatte, dann Außenministerin in der Regierung Saakaschwili war, und jetzt als unabhängige Kandidatin, unterstützt von der Regierungspartei „Georgischer Traum“ mit Ihrem Parteivorsitzenden, dem Oligarchen Bidzina  Ivanishvili, antrat.

Grigol Vashadze, der Kandidat der Vereinigten Opposition, auch er ein ehemaliger Außenminister unter Mikhail Saakaschwili.

Laut der noch geltenden Verfassung hat der gewonnen, der 50%+1 Stimme der abgegebenen Stimmen bekommt. Erreicht keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit, kommt es zu einem zweiten Wahlgang mit den beiden Kandidaten, die die meisten Stimmen auf sich vereinigen konnten. Im konkreten Fall sind das Salome Zurabishvili und Grigol Vashadze.

Die grosse Frage der Amnestie

Im Wahlkampf ging es nicht um ideologische Themen. Es ging hauptsächlich um die Frage, wer bereit ist, wem eine Amnestie zu gewähren, wobei alle im Hinterkopf als Hauptfrage hatten, ob Saakashvili nach der Wahl zurück nach Georgien kommen kann. Beide Kandidaten sind pro-westlich, pro Nato, wobei Zurabishvili eine engere Verbindung mit Russland sucht. Auf die Frage, wer für sie der wichtigste Politiker ist, antwortete sie in einem Interview: Sergey Lavrov (der russische Außenminister). Sie gibt Saakashvili allein die Schuld an der russischen Invasion 2008. Diese Frage beschäftigte nicht nur die georgischen Wähler, sondern auch den russischen Präsidenten, der am Wahltag ein Interview gab, in dem er siebenmal über Saakashvili sprach.

Die Stichwahl zwischen Zurabishvili und Vashadze wird in drei Wochen abgehalten. Da Bakradze, der 10 Prozent der Stimmen erhielt, seine Wähler auffordert für Vashadze zu stimmen, scheint der Ausgang klar zu sein. Es wird wieder eine Wahlbeobachtermission geben.

Was erlebt man am Wahltag? Probleme mit Wählerlisten, Probleme mit Wählereinschüchterung und versuchter Stimmenkauf. Aber selbst bei massiven Versuchen kann man das Wahlergebnis maximal um drei Prozent auf oder ab verändern. Die Wahlüberwachung ist aber notwendig, da man damit auch die demokratische Reife des Landes testet, und auch den Wahlkampf beurteilt: hatten alle Kandidaten die gleichen Chancen, wie arbeiteten die Medien, etc.?

Interessant wird es nun sein zu sehen, was Bidzina Ivanishvili versuchen wird, um seine Kandidatin nach vorne zu bringen. Wahrscheinlich zeigt sich zum ersten Mal, dass Geld alleine keine Wahl gewinnt. Für Europa ist es gut zu sehen, dass sich Georgien auf dem richtigen Weg befindet, auch wenn eine Europa-Integration noch in weiter Zukunft liegt.

Georgien ist auf einem guten Weg

Der Auftrag als Wahlbeobachter ist aber auch ein Schnellsiedekurs in Politik und Kultur eines Landes, man bekommt Vorträge über die Kandidaten und Parteien, sowie über die Wahlgesetzgebung. Wenn man einige Erfahrung hat, kann man vergleichen. Das lässt Rückschlüsse zu. Wichtig ist auch zu verstehen, dass Wahlüberwachung nicht in erster Linie Kontrolle, sondern Hilfe bedeutet, denn nach der Wahl folgt eine Sitzung mit den zuständigen Institutionen, bei der die Fehler und Schwächen besprochen werden und im besten Fall die Gesetzgebung angepasst wird. Höhepunkt meiner Mission war der Besuch in einem Wahllokal im Warteraum einer geschlossenen Bahnstation in Mtskheta, kalt, malerisch und interessant.

Welche Schlussfolgerungen lassen sich aus der Wahlbeobachtermission ziehen? Georgien ist am richtigen Weg, braucht aber noch Geduld und vor allem Zeit, Europa zu beweisen, dass es den eingeschlagenen Weg weitergehen will. Dann gibt es vielleicht schon bald eine weitere richtige Osterweiterung, die Russland nicht gefallen wird.

Walburga Habsburg Douglas war bis 2014 geschäftsführende Vizepräsidentin der Paneuropa-Union, davor deren Generalsekretärin. Von 2006 bis 2014 war sie Mitglied im Schwedischen Reichstag. In dieser Zeit gehörte sie auch der Parlamentarischen Versammlung der OSZE an, wo sie Fraktionsvorsitzende der EVP war. Das Beitragsbild zeigt sie (rechts im Bild) bei der Wahlbeobachtermission in Georgien.