Kosovarische Politiker gegen den Willen des Volkes

Wieder ist Kosovo zur Schlagzeile aller Weltmedien geworden, wieder für politische Themen, die dem Kosovo nur schaden. Das Misstrauensvotum im kosovarischen Parlament gegen Premierminister Albin Kurti hat die kosovarischen Bürger sehr enttäuscht. Es gab große Hoffnung: Zum ersten Mal nach langer Zeit waren zwei junge Politiker von verschiedenen Parteien – Albin Kurti und Vjosa Osmani – kooperierend an der Macht. Ohne kriminelle Vergangenheit, gut ausgebildet und die meist gewählten Politiker der vergangenen Wahlen vom 6. Oktober. Sie versuchten miteinander zu arbeiten für das Volk, nicht für Ihre persönliche Interessen. Diese Hoffnung ist nun weg. Ein Gastkommentar von Vjosa Çerkini.

Diejenigen, die im Kosovo zum Sturz der Regierung aufriefen, waren genau aus der älteren Generation kosovarischer Politiker, die Kosovo zum Zeitpunkt ihrer Regierungsführung nicht zum Besseren verändert hatten. Im Gegenteil, oft nahmen Nepotismus, Korruption und Kriminalität zu.

Nach nur sechs Wochen im Amt hat ein Streit über die richtige Strategie im Kampf gegen die Covid-19-Pandemie die Regierung des Kosovo zu Fall gebracht. Für einen Misstrauensantrag gegen die Regierung von Premierminister Albin Kurti stimmten im Parlament 82 von 120 Abgeordneten. 32 stimmten dagegen, einer enthielt sich der Stimme. Der Sturz der Regierung ist die Folge eines Zerwürfnisses zwischen den beiden Koalitionspartnern, Kurtis links-nationaler Vetevendosje (Selbstbestimmung) und der konservativen Demokratischen Liga des Kosovo (LDK). Auslöser des Streits war die Frage des richtigen Umgangs mit der Coronavirus-Pandemie. Kurti hatte den von der LDK gestellten Innenminister Agim Veliu entlassen. Dieser hatte wegen der Coronakrise die Ausrufung des Ausnahmezustands verlangt, Kurti war dagegen.

In diese Debatte hat sich auch Staatspräsident Hashim Thaçi (PDK) eingemischt und sich auf die Seite der LDK gestellt. Dies deutet auch auf eine politische Spaltung zwischen den Generationen hin, die ältere gegen die jüngere in der kosovarischen Politik. Die alten politischen Eliten lassen die jüngeren, neueren Politiker nicht richtig arbeiten.

Anhand der politischen Positionen der meist gewählten Frau der LDK, Spitzenkandidatin Vjosa Osmani, zeigt einmal mehr, dass jüngere Politiker im Land Prinzipien haben und Verantwortung für gegebene Versprechen übernehmen wollen.

Doch auch sie wurde von der älteren Politikergeneration im Land gestürzt. Mit der Regierung wurde aber auch die Hoffnung der kosovarischen Jugend, die vor allem Kurti und Osmani unterstützten, gestürzt. Die Wut und Frustration der kosovarischen Bürger hat nach dem Misstrauensvotum gegen die Regierung einen neuen Höhepunkt erreicht. Die Abgeordneten haben sowohl die tagelangen Proteste der Bürger als auch die langen und gut argumentierten Reden der Kollegen im Parlament der Republik Kosovo nicht berücksichtigt. Auch der Appell, dass man mit diesen innenpolitischen Streitereien warten solle, bis die COVID-Pandemie vorüber ist, verhallten ungehört.

Der Griff nach der Macht war wichtiger als die Pflege und der Schutz der Bürger vor dieser kritischen gesundheitlichen Situation. Und das in einer Zeit, in der die Leute jede Münze doppelt umdrehen müssen, um Lebensmittel zu kaufen. Die Wut und Frustration dieser Menschen wurden nicht gehört.

Diese politische Situation führt den Kosovo in den Abgrund. Es hilft dem Kosovo weder bei der europäischen Integration noch bei der wirtschaftlichen Entwicklung oder bei der Bekämpfung der Pandemie. Diese innenpolitische Situation enttäuscht weiterhin die Bürger. Die werden aber bei den nächsten Wahlen die Möglichkeit bekommen, die zu wählen, die es verdienen. Die Bürger im Kosovo wären bereit für Veränderungen, aber ohne die alte Generation der Politiker.

Vjosa Çerkini ist Journalistin aus Prishtina/Kosovo. Sie arbeitet u.a. für Deutsche Welle,  und Perspektiva.plus https://perspektiva.plus . Sie ist in der Paneuropa-Jugend Deutschland und bei Pulse of Europe -Kosovë engagiert.

Gastkommentare drücken die persönliche Meinung des Autors aus. Sie müssen nicht unbedingt mit der Position der Paneuropabewegung Österreich übereinstimmen.