Europawahl 2024

Für ein starkes Europa. Positionspapier der Paneuropabewegung Österreich zur Europawahl 2024,  verabschiedet von der Generalversammlung der Paneuropabewegung Österreich am 12. April 2024 in Salzburg.

Die globalen politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Herausforderungen brauchen klare europäische Antworten. Nur ein gemeinschaftlich handelndes Europa, eine starke Europäische Union, kann Europa vor einem endgültigen Abtreten von der Bühne der Weltpolitik bewahren. Europa steht vielfach noch immer vor den gleichen Herausforderungen, vor denen es zur Zeit der Gründung der Paneuropa-Union vor mehr als 100 Jahren stand. Die vielfach wieder aufkommende Sehnsucht nach dem Nationalstaat würde nicht Europa, auch nicht diesen Nationalstaaten, sondern außereuropäischen Mächten nutzen. Angesichts der globalen Herausforderungen braucht es starke europäische Lösungen.

Stärke besteht aber nicht in Regulierung und Bürokratisierung, Stärke besteht in einem gelebten Subsidiaritätsprinzip, in dem Kompetenzen auf jener Ebene angesiedelt werden, auf der auch Souveränität entwickelt werden kann. Ihre natürliche Grenze besteht in der Freiheit der Bürger.

Das Paneuropa-Konzept folgt einem geopolitischen Ansatz. Im Zentrum steht erstens eine europäische Außenpolitik – um auf der Bühne der Weltpolitik nicht von anderen beherrscht zu werden –, zweitens eine europäische Sicherheitspolitik – um in dieser Frage nicht von anderen abhängig und damit dominiert zu werden, oder in einen neuerlichen innereuropäischen Krieg gezogen zu werden –, sowie drittens der Abbau sämtlicher innereuropäischer Handelshemmnisse (freier Binnenmarkt, Freihandel). Eine gemeinsame Währung, ein europäischer Gerichtshof, die Freiheit der Bürger, Eigenverantwortung, und ein Staat, der sich auf das Setzen der Rahmenbedingungen im Sinne eines Rechtsstaates beschränkt, ergänzen das Paneuropa-Konzept zur europäischen Einigung.

Das Institutionengefüge der Europäischen Union bietet eine Balance zwischen Intergouvernmentalität und Supranationalität. Wenn die nationalen Egoismen im intergouvernmentalen Element Rat zu stark sind und der Rat damit insgesamt zu schwach für eine europapolitische Dimension wird, müssen das die supranationalen Elemente Kommission und Parlament ausgleichen. Dann muss die Kommission als Hüterin der Verträge die geopolitische Dimension der EU vorantreiben, und braucht dazu die Kontrolle eines starken Parlamentes. Durch seine erste Direktwahl vor 45 Jahren hat es eine eindeutig europäische Verantwortung bekommen. Es ist also die Vertretung der Bürger mit Verantwortung für das Ganze.

Die Zusammensetzung des Europäischen Parlamentes entscheidet darüber, ob die Europäische Union sich zu jenem geopolitischen Akteur entwickelt, den wir aufgrund der Weltlage brauchen, wenn wir als Europäer noch eine Rolle auf der Bühne der Weltpolitik spielen wollen.

Angesichts der bevorstehenden Europawahlen im Juni 2024 plädiert die Paneuropabewegung Österreich deshalb für:

  • Europäische Außen- und Sicherheitspolitik: Es ist an der Zeit, dass die Europäische Union mit dem Aufbau einer tatsächlich europäischen Außen- und Sicherheitspolitik beginnt. Europäische Außenpolitik bedeutet nicht nur die Koordinierung der Außenpolitik von 27 Mitgliedstaaten durch den Hohen Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik, sondern ein EU-Außenministerium mit einem europäischen Außenminister an der Spitze. Dazu braucht die Europäische Union den Kern einer europäischen Verfassung, in der genau diese außen- und verteidigungspolitischen Kompetenzen beschrieben sind. Der europäische Außenminister und der europäische Verteidigungsminister würde der direkten parlamentarischen Kontrolle des Europäischen Parlaments unterstehen, das direkt von den Bürgern der Europäischen Union gewählt wird. Das ist echte Souveränität, also die Fähigkeit zu handeln und zu gestalten.
  • Europäische Sicherheitsstrategie: Angesichts der aktuellen Bedrohungslage durch den Vernichtungskrieg Russlands gegen die Ukraine, durch den hybriden Krieg Russlands gegen das europäische Wertesystem und die Herausforderungen durch andere totalitäre Regime wie China, muss die Europäische Union zu einer handlungsfähigen Sicherheitsgemeinschaft ausgebaut werden. Dazu braucht es eine rasche Wiederherstellung der Verteidigungsfähigkeit Europas durch einen Ausbau der militärischen Kapazitäten, bei einer gleichzeitig immer engeren Zusammenarbeit im Bereich der militärischen Verteidigung, inklusive Beschaffung, sowie der Entwicklung einer geistigen Landesverteidigung für Europa. Die in Artikel 42 Abs. 7 EUV festgeschriebene Beistandspflicht soll zu einer echten europäischen Verteidigungsgemeinschaft ausgebaut werden. Die österreichische Neutralität ist ein Konzept aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Durch die geänderte geopolitische Lage ist sie obsolet geworden.
  • Erweiterung: Nach wie vor streben viele europäische Länder die Mitgliedschaft in der Europäischen Union an, weil sie in Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Freiheit und Marktwirtschaft die Grundlage für eine sichere und prosperierende Zukunft sehen. Die Erweiterung zählt zu den stärksten außenpolitischen Instrumenten der EU. Deshalb braucht es eine rasche Umsetzung der beim Gipfel von Thessaloniki im Jahr 2003 zugesagten Integration der sogenannten Westbalkanländer Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Mazedonien, Montenegro und Serbien in die EU. Vor allem Serbien muss aber die Entscheidung treffen, ob es tatsächlich Teil der Europäischen Union werden will, oder lieber weiter mit der chinesischen und/oder russischen Karte spielen will. Ebenso braucht es eine klare europäische Strategie zur Integration der Makroregion Ukraine, Georgien, Armenien und Moldawien in die europäische Wertegemeinschaft.
  • Subsidiarität: Im Gegensatz zur weit verbreiteten Meinung, Subsidiarität sei ein Delegationsprinzip, dem folgend Nationalstaaten Kompetenzen auf andere Ebenen delegieren, ist Subsidiarität tatsächlich ein natürliches Ordnungsprinzip. Es geht davon aus, dass Zuständigkeiten auf jener (administrativen, politischen, gesellschaftlichen) Ebene angesiedelt werden müssen, wo sie am besten – oberstes Ziel ist dabei immer das Gemeinwohl – wahrgenommen werden können. Subsidiarität geht deshalb über den eingeschränkten Souveränitätsbegriff des Nationalstaatskonzeptes des 19. Jahrhunderts hinaus und anerkennt in Ordnung gegliederte Souveränitäten, die für den jeweiligen Souverän Zuständigkeit und damit verbunden auch Verantwortung bedeuten. Für eine subsidiäre Ordnung gibt es nicht nur eine Unterscheidung zwischen Europäischer Union und Mitgliedstaat mit einer fakultativen regionalen Ebene, sondern eine dezentrale Struktur, die von der lokalen Einheit bis zur europäischen Ebene reicht. Zusätzlich anerkennt die Subsidiarität gesellschaftsbildende Einheiten (wie beispielsweise die Familie), und das freie Individuum die – ebenso wie die administrativen Einheiten – je eigene Souveränitäten besitzen. Subsidiarität stellt deshalb auch nicht die Frage, „wie viel Europa brauchen wir?“, sondern nur die Frage, „wie viel Regierung, wie viel Staat, wie viel staatliche Intervention brauchen wir?“ Der Grundsatz der Freiheit in Verantwortung steht vor der Regelungswut des heute vorherrschenden Bürokratismus (sowohl auf der europäischen Ebene als auch in vielen Mitgliedsstaaten). Im Sinne dieser Freiheit in Verantwortung strebt die Paneuropabewegung nach einer drastischen Reduzierung gesetzlicher Bestimmungen und staatlicher Interventionen, die letztlich nur einer Zentralisierung der Macht dienen.
  • Rechtsstaatlichkeit: Das Wesen des liberalen Rechtsstaates ist nicht die staatliche Durchsetzung einer bestimmten Glücks- und Wohlfahrtsvorstellung. Aufgabe des liberalen Rechtsstaates ist es, Recht und Freiheit zu garantieren! Eine Ideologie, die dem Primat der Politik folgt, nimmt für sich in Anspruch, alles regeln zu dürfen, ja alles regeln zu können. Je mehr die Politik das tut, umso tiefer aber wird der Konflikt mit dem Recht. Dieser Konflikt wird immer schärfer, weil immer seltener rechtsstaatliche Grundsätze regieren – also die Herrschaft des Rechts -, sondern Machtverhältnisse. Dieser Konflikt wirkt sich langfristig zum Schaden Europas aus.

Weiters plädiert die Paneuropabewegung Österreich für:

  • Einen europäischen Grenzschutz und einer Wiederöffnung der Binnengrenzen
  • Einen freien Binnenmarkt anstatt neuer nationaler Protektionismen
  • Freihandelsabkommen mit Ländern und Regionen außerhalb der Europäischen Union

Europa muss dort Kompetenz bekommen, wo diese Kompetenz – wie beispielsweise in der Außen- und Sicherheitspolitik – Souveränität entfalten kann. Gleichzeitig aber muss die Souveränität der Bürger, ihre Freiheit und Verantwortung wieder entfalten zu können, gestärkt werden. Nicht der ausgedehnte paternalistische Wohlfahrtsstaat, der möglichst alle Lebensbereiche auf staatlicher Ebene regelt, und umverteilt ist das Ziel, sondern persönliche Freiheit und Verantwortung, Autonomie der Familie, Religionsfreiheit, Privateigentum, freie Wirtschaft, etc.

Subsidiarität verlangt nicht einen Primat der Politik, sondern einen Primat von Recht und Freiheit.

Beitragsbild: Generalversammlung der Paneuropabewegung Österreich am 12. April 2024 in der Stiegl-Brauwelt in Salzburg.