Die Entscheidung ist gefallen

Volodymyr Zelensky hat die Präsidentenwahl in der Ukraine gewonnen. Das Land hat bewiesen, dass es demokratische Entscheidungen treffen kann. Von Rainhard Kloucek

Die Ukraine bekommt also nach fünf Jahren Petro Poroshenko einen neuen Präsidenten. Volodymyr Zelensky, ein Schauspieler, über den politisch sehr wenig bekannt ist. In einem Film hat er bereits die Rolle des Präsidenten gespielt. Ob das die richtige Voraussetzung für eine gute Amtsführung ist, darf bezweifelt werden. Aber die klare Botschaft dieser Wahl ist: die Ukrainer haben bewiesen, dass sie bereit sind für ein demokratisches System.

Viele Ukraine-Kenner haben vor der Wahl gesagt: Wenn es der amtierende Präsident Petro Poroshenko in die Stichwahl schafft, dann wird er gewinnen. Anfangs schien es, als wäre Yulia Timoshenko die große Gegnerin von Poroshenko. Dann kam Zelensky, gewann die erste Runde haushoch, und nun offensichtlich auch die zweite und entscheidende Runde.

Offenbar waren die Ukrainer von Poroshenko schwer enttäuscht. Er hat viel versprochen. Den von Russland begonnen Krieg konnte er nicht beenden. Das ist nicht seine Schuld. Dieser Aggressionskrieg gegen die Ukraine wird auch die große Herausforderung für den neuen Präsidenten werden. Seine Haltung zu Russland ist auch eine der großen Unbekannten in der künftigen Politik des neuen Präsidenten. Reformen hat Poroshenko in seinen fünf Jahren durchaus gemacht. Aber bei einigen hat er auch massiv gebremst. Haben die Ukrainer zuviel erwartet? Hier dürfen durchaus Vergleiche zu EU-Ländern gezogen werden. Wie schwer ist es doch hierzulande echte und notwendige Reformen umzusetzen. Poroshenko, der Schokoloden-Oligarch, hat aber auch versprochen, seine Firma zu verkaufen. Das hat er nicht getan. Im Gegenteil, er ist in den Jahren seiner Präsidentschaft reicher geworden.

War die Wahl eine gute Entscheidung? Wir wissen es zur Zeit nicht. Viele derer, die für Reformen in der Ukraine stehen, haben sich auf die Seite von Zelensky geschlagen. Ein kleiner Rückblick zeigt, dass die Ukrainer durchaus selbstbewusst auftreten. Ende 2004 begann in Kyiv die Orange Revolution. Viktor Juschenko wurde Präsident, Viktor Janukowitsch, der mit Manipulation versucht hatte die Wahl für sich zu entscheiden, wurde besiegt. Doch fünf Jahre später wählten die Ukrainer in einer demokratischen Wahl genau diesen Viktor Janukowitsch zum Präsidenten. Juschenko hatte sie enttäuscht, er hat es nicht geschafft, seinen Landleuten das Gefühl zu geben, er hätte die Lage für sie verbessert. Doch bald erwies sich Janukowitsch als die Spitze eines Korruptionssystems, das den Ukrainer zu viel wurde. Als er sich dann auch noch weigerte, den Assoziierungsvertrag mit der EU zu unterschreiben, begann mit dem Euromaidan eine neuerliche Auflehnung gegen die korrupte Staatsmacht. Poroshenko wurde neuer Präsident, gewählt in einer demokratischen Entscheidung. Fünf Jahre später wurde er nun abgewählt.

Der recht hohe Wahlsieg von Zelensky – Prognosen für das Resultat sprechen von 70 Prozent – ist wahrscheinlich die größte Herausforderung für ihn. Nun muss er beweisen, dass er die Hoffnungen der Ukrainer erfüllen kann. Und es wird hochspannend wie die Parlamentswahlen im Oktober ausgehen werden. Denn der Präsident ist kein Alleinherrscher wie sein Kollege in Moskau. Parlament und Regierung entscheiden in den wichtigste Fragen der Politik.

Das Beitragsbild zeigt den Sitz des Präsidenten der Ukraine.