2013 trat Ministerpräsident Boiko Borissow zurück, in den vorgezogenen Neuwahlen 2014 wurde seine Partei GERB wieder stärkste Kraft und Borissow wieder Ministerpräsident. Ende 2016 reichte er, nach dem seine Kandidatin in der Präsidentschaftswahl gegen den unabhängigen, aber von den Sozialisten unterstützten Herausforderer Rumen Radew verloren hatte, seinen erneuten Rücktritt ein.
Am 26. März 2017 fanden die Parlamentswahlen statt und Borissows Partei GERB (Bürger für eine europäische Entwicklung Bulgariens) wurde erneut stärkste Kraft.
Eine stabile Regierung wäre nun das Ziel, jedoch sind die seriösen Koalitionspartner rar gesät. Die Sozialisten haben eine Regierungsbeteiligung abgelehnt und die Partei „Vereinigte Patrioten“ gilt als nationalistisch und extrem.
Ein massives Problem, das von europäischen Medien übersehen oder ausgeblendet wird, ist, dass dieses Land nicht nur im Kurs zwischen Europa und Russland, sondern auch in der Frage des Einflusses der Türkei massiv gespalten ist.
Die türkische Minderheit in Bulgarien (rund 600.000 Menschen) hat mit der Partei DPS (die der europäischen Parteienfamilie ALDE/Liberale angehört) zwar eine Vertretung, jedoch hat sich der Einfluss der Regierung in Ankara verstärkt. Die Partei DOST gilt als AKP-nahe – also im Einflussbereich des türkischen Präsidenten Erdogans. Sie hat den Einzug ins bulgarische Parlament jedoch verpasst.
Auch in der Russlandfrage ist das Land gespalten. Der Einfluss Moskaus auf die Regionen der ehemaligen Sowjetunion ist klarerweise gegeben, jedoch bemühen sich alle größeren Parteien, sich pro-europäisch zu geben. Die Sozialisten haben unter anderem die Aufhebung der Sanktionen gegen Russland verlangt, bestreiten jedoch einen pro-russischen Kurs. Der (von den Sozialisten unterstützte) Präsident Radew gilt in Europa als eher russlandfreundlich – in Bulgarien wird er aber, als unabhängiger Kandidat, als Alternative zum „System“ gesehen und die Kremlnähe geringer eingestuft.

Das Parlament in Sofia – die künftige Zusammenarbeit der Fraktionen wird entscheidend sein. (Bildrecht: Von Julian Nitzsche – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=28200059)
Wie sich die Regierungsverhandlungen entwickeln wird sich zeigen, was bleibt ist aber, dass Südosteuropa zerrissen ist. Der Einfluss Moskaus auf die (zum großen Teil) NATO-Länder ist bekannt und liegt auf der Hand. Dass die Türkei in den letzten Jahren ihren Einfluss massiv ausbaute, war bis zu den Vorfällen in den Niederlanden und Deutschland (Auftrittsverbote, Aussagen türkischer Politiker, usw.) bisher eher Nebenschauplatz.
Die europäische Öffentlichkeit täte gut daran, mehr Augenmerk auf die Entwicklungen in diesem Bereich zu legen. Eine politisch instabile Region mit starken Einfluss von außen kann sich die EU nicht leisten, aber gerade hier entscheiden sich Sicherheit und Frieden. Die Balkanroute, russischer, türkischer und US-amerikanischer Einfluss auf die Politik und das Militär, soziale Probleme, Abwanderung von jungen Menschen – all das stellt Europa vor größere Herausforderungen als es innenpolitische Entwicklungen in zivilisierten Rechtsstaaten wie den USA je könnten.
Beitragsbild: Der Wahlsieger Borrisow 2014 in Brüssel – auf ihn kommt eine schwierige Aufgabe zu. (Bildrecht: Von European People’s Party – EPP Summit, Brussels, July 2014, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=34076764)